Zucht von Gallotia galloti eisentrauti (Bischoff, 1982) ist für uns ein Highlight. Deshalb wollen wir unsere Erfahrungen hier im Blog schildern. Ehe wir hier beginnen weisen wir auf einem weiteren Artikel über die Haltung der Pracht-Kanareneidechse hinweisen. In der Vergangenheit wurde bereits mehrfach die Haltung und Zucht beschrieben. (Bannert, 1998a; Kober, 2005; Schäberle & Schäberle, 2019c)
Nachdem wir die beiden zusammensetzten hörte man binnnen weniger Tage bereits die Quietschlaute der Pracht-Kanareneidechsen im Raum. Solange die beiden Männchen zusammen waren haben wir diese nicht vernommen. Die Stimmlaute werden vornehmlich zum Vertreiben aus dem eigenen Nachtversteck eingesetzt und sind mit dem Weinen eines Neugeborenen zu vergleichen (Böhme et al 1985). Das Männchen verbiss sich im Weibchen. Trifft nun das vorhergesagte ein? Von wegen, das Weibchen wehrte sich stellte auch immer wieder das Männchen. Handelt es sich nun um ein Paarungsritual oder um böswillige Vernichtung des letztendlich schwächeren? Trennen, oder nicht? Wir entschieden uns nicht zu trennen, bevor es nicht zu ernsthaften Streitereien kommt.
Zucht von Gallotia galloti eisentrauti im Terrarium
Am nächsten Tag konnte bereits eine Paarung beobachtet werden. Dabei verbiss sich das Männchen im Nacken des Weibchens. Abweichend von anderen Eidechsen die sich meist in den Flanken der Weibchen verbeißen. Die beobachtete Paarung dauerte ungefähr fünf Minuten. Es schien die richtige Entscheidung gewesen zu sein. Durch das Zusammensetzen und der hohen Fluchtdistanz des Weibchens, verschwand auch immer das vorher zutrauliche Männchen gemeinsam mit dem Weibchen meist in der selbst gegrabenen Höhle im Bodengrund. Das Weibchen legte schnell zusehends an Umfang zu. Jetzt galt es, den Tag der Ablage nicht zu verpassen.
Das Weibchen legte nach zwei Monaten fünf Eier im feuchten Bodengrund ab. Die Eigröße liegt im Mittel bei 19,3×12,8 mm und die durchschnittliche Inkubationsdauer liegt bei 73 Tagen (Bannert 1998). Zur Inkubation erhielten wir den Ratschlag diese ohne Tag-/Nacht-Zyklus durchgehend bei 26°C zu vollziehen. Vollkommen richtig und eine gute Entscheidung. Bei uns sind die Juvenilen nach 62 Tagen geschlüpft.
Wie gewohnt wurden die Eier auf feuchtem Vermiculit gezeitigt. Die Eier haben wir in der Nacht entnommen. Nach drei Wochen sind zwei Eier eingefallen, vermutlich waren sie nicht befruchtet.
Das hier abgebildete Jungtier erschrak bei einer Kontrolle der Schlupfbox und ist zu früh aus dem Ei geschlüpft. Der Schlüpfling wurde für wenige Tage auf feuchtem Zellstoff gehalten. Der Dottersack trocknete und fiel ab. Die Nabelspalte war wie bei den Geschwistern nach wenigen Wochen nicht mehr zu erkennen.
Aufzucht der Jungtiere
Eine Aufzucht gemeinsam mit den Eltern würde sowieso nicht funktionieren, da die frisch Geschlüpften voraussichtlich lediglich eine Zwischenmahlzeit darstellen würden (Bischoff 2010). Pracht-Kanareneidechsen fressen nahezu alles. Die Ernährung erfolgt bei uns überwiegend mit getrockneten Kräutern aus dem Tierhandel. Getrocknete Brennnesselblätter, Wiesenkräuter, Blütenstände und Heu wird genauso gefressen, wie getrocknetes Obst und Gemüse. Frisches Gemüse und Obst wird in kleinen, geraspelten Stücken, Scheiben oder als Brei angeboten. Besonders süße Früchte wie überreife Bananen oder Weintrauben werden besonders gern gefressen. Erdbeeren ergänzen den Ernährungsplan. Tomaten und Karotten werden bei dem Gemüseangebot bevorzugt. Babyfruchtbrei wird wegen der fehlenden Süße nur in kleinen Mengen gefressen. Reines Calzium in Form von Pülverchen oder Eierschalen stehen den Eidechsen ständig zur Verfügung und da es weniger wird, gehen wir davon aus dass sie es auch konsumieren. Wir ernähren überwiegend herbivor.
Insekten ergänzen den Speiseplan
Ein bis zweimal in der Woche füttern wir mit den gängigen Futtertieren aus der Futtertierzucht zu. Hierbei wollen wir erwähnen, dass von dem zwischenzeitlich einzeln gehaltenen Männchen Wüstenheuschrecken verschmäht werden. Die Heuschrecken verenden nach zwei bis drei Wochen im Terrarium, wenn wir sie nicht vorher entfernen. Wanderheuschrecken werden auch von ihm gezielt und schnell gefressen. Das Pärchen ist in der Beziehung nicht wählerisch und befreit den eigenen Wohnraum sicher, von den „normalen Menschen“ als Ungeziefer bezeichnetem Getier. Während der Winterruhe steht den Tieren immer ausreichend Wasser und Wiesenheu zur Verfügung.
Umzug während der Inkubation
Die erste Inkubation einer Nachzucht ist doch etwas Besonderes, stimmen die Angaben der Literatur? In diesem Fall war noch eine zusätzliche Unbekannte hinzugekommen, da wir unmittelbar vor dem Umzug standen. Der Schlupf der drei Nachzuchten war rein rechnerisch ab der ersten Septemberwoche möglich. Genau für diesen Zeitraum haben wir aber auch den Umzug geplant. Deutlich mehr als 50 Tiere mussten innerhalb von 24 Stunden den Wohnraum wechseln. Dabei galt es auch noch eine Distanz von mehr als 200 Kilometer zurückzulegen. Auch die Eier mussten mit – gerade das sollte man vermeiden. Der Dottersack und die kurz vor dem Schlupf stehenden Jungtiere könnten durch ungewollte Bewegung im Ei noch absterben. Aber bereits am zweiten Tag in der neuen Umgebung sind die Jungtiere geschlüpft. Alle drei innerhalb von wenigen Stunden- ein tolles Ergebnis.
Einrichtung der Aufzuchtterrarien
Umfangreiche Planung ging der Einrichtung und dem Ausbau der Kellerräume voraus und die Planung umfasste auch zukünftig Eidechsen in oben offenen Aquarien aufzuziehen. Viele Aquarien in einem ansehnlichen Regal. Die drei Jungtiere wurden gemeinsam in das Aquarium gesetzt. Die Einrichtung bestand auch hier aus mehreren Steinen und dem oben erwähnten Bodengrund. Die Jungtiere waren die ersten Wochen gut verträglich untereinander. Wie bei den Eltern überwiegt auch bei den Jungtieren der Fluchtinstinkt. Nach kurzem Verharren vor dem Behälter tauchen die Juvenilen aber wieder aus ihren Verstecken auf, inspizieren eventuelle Veränderungen und legen sich anschließend in die wärmende künstliche Sonne.
Eines Tages betrat Andreas den Raum und stellte fest, dass eins der mehreren frei im Raum lebenden halbwüchsigen Trioceros melleri auf dem Rand des Aquariums saß. Das Elefantenohrchamäleon hatte eine KRL von höchstens zehn Zentimeter. Eine Volkszählung im Aquarium ergab aber sehr schnell die Gewissheit- eine Nachzucht fehlt! So eine Dummheit-wieso denkt man alles und dann doch nicht! Seitdem ist eine Abdeckung vorhanden.
Geschlechtsbestimmung
Wann kann man nun bei den Jungtieren eine sichere Geschlechtsbestimmung vornehmen? Unmittelbar nach dem Schlupf kann man sicher das Geschlecht bestimmen. Die Männchen besitzen um die Kloake eine Schuppe mehr als die Weibchen. Dies ist vermutlich dem späteren Größenunterschied geschuldet. Bei unseren Nachzuchten traf dies bisher immer zu. Bei anderen Züchtern scheinbar nicht.
Die beiden vorhandenen Jungtiere sind in der Tat ein Pärchen. Nach sechs Wochen gemeinsamer Aufzucht kam es zunehmend zu Reibereien und auch bösartigen Beißereien. Eine Trennung der beiden war nun leider unumgänglich. Eine angedachte gemeinsame Aufzucht war folglich nicht von Erfolg gekrönt. Die Eidechsen wachsen im ersten Halbjahr nicht besonders schnell. Die Jungtiere hatten kleine Heimchen im Überfluss, auch hier wurden Kräuter gereicht. Die Kräuter wurden deutlich weniger, die Heimchen nahmen nur unmerklich ab. Die Nachzuchten sind aber immer wohlgenährt.
Unsere Vermutung ist, dass sich die Jungtiere vornehmlich von Kräutern und Fruchtbrei ernähren. Diese Beobachtung trifft aber nicht auf alle Arten der Gattung Gallotia zu. Sowohl die Juvenilen von Gallotia stehlini, als auch der Nominatform Gallotia galloti galloti ernähren sich nahezu ausschließlich carnivor. Auch unser Adultes Paar der Nominatform ernährt sich bevorzugt von Insekten aller Art. Die gereichten Kräuter und Früchte würden im Terrarium vergammeln, wenn wir sie nicht rechtzeitig entfernen würden.
Wiederholung der Nachzucht
Der folgende Winter wurde für die Pracht-Kanareneidechsen bereits Ende September eingeleitet und dauerte bis Weihnachten an. Die ersten Paarungen erfolgten bereits drei Wochen nach der Beendigung der Winterruhe. Auch im zweiten Jahr wurden zwei Gelege mit jeweils 5 Eiern produziert. Die beiden im September 2016 geschlüpften Jungtiere haben sich erstmals im August 2017 bei einem Freund in Italien gepaart.
Die Gruppe der im Frühjahr 2017 geschlüpften Jungtiere sollten dazu dienen die Aufzucht erneut gemeinsam zu versuchen. Die Juvenilen wurden somit erneut in einem Terrarium zusammengesetzt. Ein oben mit Gaze versehenes Terrarium wurde dazu verwendet. Da wir wussten, dass die Jungtiere anfangs sehr langsam wachsen haben wir ein Terrarium mit einer Grundfläche von 60x45cm verwendet. Die Jungtiere graben sich wie die adulten Eidechsen gerne im Bodengrund ein, deshalb sollte dieser ausreichend tief sein. Diesmal sollte aber die Aufzucht im Freien stattfinden. Das Terrarium wurde an einem sonnigen Platz und vor Regen geschützt im Garten platziert, nachdem nicht mehr mit Nachtfrösten zu rechnen ist, besetzen wir es mit den Pracht – Kanareneidechsen.
Gemeinsame Aufzucht
Die gemeinsame Aufzucht konnte somit wenigstens für 6 und 8 Monate zusammen erfolgen. Wir konnten dabei keine Beißereien feststellen. Für diese Beobachtung standen eine Gruppe mit 4 und eine mit 5 Jungtieren zur Verfügung. Da wir danach die Tiere abgegeben haben können wir keine Angaben zu einem längeren Zeitraum treffen. Durch die gewonnenen Erkenntnisse könnte es sein, dass durch das Anbieten mehrerer Lichtquellen zu einer gemeinsamen Aufzucht auch im Innenbereich erfolgreich beitragen könnte.
Erfahrungen der letzten Jahre
Inzwischen haben wir drei vollkommen fremde Paare nach der oben beschriebenen Vorgehensweise erfolgreich zusammengeführt. Auch unser dominantes Männchen lebt inzwischen gemeinsam mit einem viel kleineren Weibchen in trauter Zweisamkeit. Die oftmals vorherrschende Meinung dass es sich um extrem unverträgliche Tiere auch bei der Paarhaltung handelt, haben wir so nicht erlebt. Abweichend zu den bisherigen Publikationen (Bischoff 1971, Bannert 1998) welche von einer Terrarienlänge von 80cm berichten, haben wir diese verdoppelt und bei Neuzusammensetzung immer ein für beide Tiere neues Terrarium gewählt. In späterer Literatur (Kober 2005) wird bereits darauf hin gewiesen, dass nach oben keine Grenzen sind und die Pracht-Kanareneidechse bereits in 100cm Terrarien gehalten, aber anscheinend ist dies noch nicht lang genug. Auf eine gemeinsame Einegewöhnungszeit im Terrarium in einem Gazekäfig (Kober 2005) haben wir verzichtet. Wir haben immer beide gleichzeitig und abgekühlt in die Terrarien gesetzt.
Zwangsweise haben wir ein Pärchen regelmäßig im Frühjahr nach abgebrochener Winterruhe und auch im späten Herbst mit einer jungen Breitrandschildkröte (Testudo marginata, Schöpf 1792) vergesellschaftet und konnten dabei keine Probleme feststellen. Die Eidechsen betrachten den Panzer der Schildkröte regelmäßig als Ersatzstein. Eine Vergesellschaftung mit anderen Echsen haben wir lange nicht probiert, da uns die vorhandene Literatur(Kober 2005) abschreckt.
Zucht von Gallotia galloti eisentrauti
Die Pracht – Kanareneidechsen sind aus unserer Sicht gut zu haltende und auch gut zu züchtende Eidechsen. Die innerartliche Aggression ist aber vor allem in der Jungtieraufzucht ein nicht zu unterschätzendes Problem und Bedarf einer großen Zahl an Aufzuchtterrarien. Aufgrund der oft versteckt lebenden Eidechsen ist eine tägliche Beobachtung leider meist nicht möglich. Dadurch kann eine potentielle Unterdrückung eines Tieres auch mal übersehen werden.
Mehr über unsere Erfahrungen mit den Kanareneidechsen könnt ihr unserem Buch über die Reptilien der Kanaren nachlesen. Mehr über uns erfahrt ihr unter: www.echsperten.de
Die Haltung der Pracht- Kanareneidechse findet ihr unserem Blog.
Bannert, B. (1998a): Zur Fortpflanzungsbiologie der Halsbandeidechsen von Madeira und den Kanarischen Inseln in Gefangenschaft. – Salamandra, Rheinbach, 34 (4): 289-300
Bannert, B. (1998b) – Zur Lebenserwartung verschiedener Lacertiden im Terrarium. – Die Eidechse, Bonn/Bremen, 9 (2): 59-66.
Bischoff, W. (1971) – Lacerta g. Galloti Dumeril& Bibron 1839, die Eidechse von Teneriffa. – Aquarien Terrarien, Leipzig, 18(9): 308-311
Bischoff, W. (1974) – Beobachtungen bei der Pflege von Lacerta simonyi stehlini. – Salamandra, Frankfurt/Main, 10 (3/4): 93-103.
Bischoff W. (1985): Die Herpetofauna der Kanarischen Inseln. IV. Die Atlantische Eidechse, Gallotia atlantica (Prrnns & Donrl, r88z). – Herpetofauna, Weinstadt,7(37): 15-24.
Bischoff, W. (1998): Die Reptilien der Kanarischen Inseln, der Selvagens-Inseln und des Madeira Archipels. – Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 449 S.
Kober, I. (2005) – Die Kanareneidechsen, Gallotia galloti (Oudart, 1839), Draco Nr. 21, Jg. 6, S. 48-59
Schäberle, C. & Schäberle, A. (2019a) – Kanareneidechsen. – elaphe, 3/2019: 14-21.
Schäberle, C. & Schäberle, A. (2019b)- Vulkaninsel im Atlantik – Teneriffa. – elaphe, 3/2019: 15-29.
Schäberle, C. & Schäberle, A. (2019c) – Haltung und Zucht der Pracht-Kanareneidechse (Gallotia galloti eisentrauti) im Terrarium. – elaphe, 3/2019: 30-37.
Schäberle, C. & Schäberle, A. (2022) – Verkehrte Inselwelt auf den Kanaren. – Die Eidechse, Magdeburg
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