Haltung der Pracht – Kanareneidechse
Gallotia galloti eisentrauti lebt auf der Kanareninsel Teneriffa. Die Gattung Gallotia besteht derzeit aus 8 Arten. Sie sind auf den Kanaren endemisch. Die mittelgroßen Eidechsen der Art Gallotia galloti (Oudart 1839) werden in vier Unterarten gegliedert. Die Nominatform Gallotia galloti galloti (Oudart 1839) lebt im Süden der Insel Teneriffa. Auch Spaniens höchster Berg, der Vulkan Teide wird von den Eidechsen besiedelt. Bis auf den Gipfel in 3718m über dem Meeresspiegel kommen die Tiere vor. Erstaunlich ist die Anpassungsfähigkeit dieser Unterart. Auf Meereshöhe leben die Eidechsen ganzjährig aktiv, auf dem Gipfel des Teide liegt regelmäßig Schnee, so dass sie dort zu einer Winterruhe gezwungen werden.
Die Unterart Gallotia galloti palmae (Boettger & Müller 1914) lebt auf der Insel La Palma und Gallotia galloti insulanagae (Martin 1985) auf dem kleinen Eiland Roque Fuera de Anaga vor der Nordostküste Teneriffas.
Die Eidechsen der Unterart Gallotia galloti eisentrauti (BISCHOFF 1982) leben im Nordosten der Insel Teneriffa und sind vor allem durch die gelbe-grüne Querbänderung auf dem Rücken der Eidechsen gekennzeichnet. Diese Unterart kommt über der 1000m Höhenlinie selten vor (Kober 2005). Ob die eingeschleppte Population auf Madeira noch besteht ist nicht abschließend erfasst. (Bringsoe 1993) Dasselbe gilt für eine Beobachtung von drei Exemplaren von Gallotia galloti eisentrauti auf der Insel El Hierro (Rodriguez-Domingo & Ruiz-Caballero 1998).
Gallotia galloti eisentrauti zog ein
Wir konnten im Herbst 2015 ein vermeintliches Pärchen Gallotia galloti eisentrauti erwerben. Aufgrund vorhandener Unkenntnis gingen wir lange davon aus, dass es sich dabei tatsächlich um ein Paar handelt. Ein Tier war deutlich größer und der Kopf war mächtig ausgeprägt. Das zweite Tier war deutlich schmaler, wesentlich kürzer und zeigte fast kein blau. Weder die Kehle noch die typischen Punkte waren auf den ersten Blick erkennbar. Beim Kauf einer neuen Art im Bestand, muss man auf die Angaben des Verkäufers vertrauen. Dem Vorbesitzer mache ich keinerlei Vorwurf, sondern wir fassen uns an die eigene Nase: Tiere ohne einen Blick in die Lektüre vorher zu werfen, ist falsch und verwerflich. Die Lektüre zu der Art bezüglich der Terrarienhaltung ist eher spärlich und meist sehr kurz gehalten. Wir betonen ausdrücklich, dass die gemachten Angaben und getroffenen Aussagen sich ausschließlich auf die Verhaltensweisen unserer eigenen Tiere beziehen.
Haltung im Terrarium
Die beiden bezogen ein Terrarium mit den Maßen 160x90x60cm. Inzwischen wissen wir, dass die Tiere im Terrarium sich im Wesentlichen am Boden oder meist sogar im Substrat aufhalten. Dennoch können wir unsere Pracht-Kanareneidechsen auch auf den oberen Steinen und Ästen unserer Terrarien gelegentlich sehen. Die beiden waren sehr scheu und waren zur Eingewöhnung in unserem Kellerraum für Hochlandbewohner untergebracht. Die Raumtemperatur schwankte hier zwischen 12 Grad in der Nacht und 20 Grad am Tag. Das Glasterrarium wurde mit einer innenliegenden Beleuchtung versehen. Zwei Energiesparlampen und eine Solar Raptor 100 Watt sorgten für eine ausreichende Beleuchtung und die richtige Wärme.
Dadurch stiegen im Terrarium die Temperaturen auf ca. 40 Grad unter dem UV-Strahler, mit einem Gefälle bis zu 23 Grad an den Randzonen an. Nachts kühlt das Terrarium auf bis zu 18 Grad aus. Sobald man den Raum betrat hörte man ein poltern und wenn man vor dem Terrarium stand sah man außer der Einrichtung nichts. Diese bestand aus vielen Steinen in allen Größen und einem Sand-Erde-Gemisch mit einer Höhe von 10-15 cm. Das Substrat wurde regelmäßig durch Besprühen vor allem an den Randzonen feucht gehalten, wobei es unter dem UV-Strahler regelmäßig vollkommen durchgetrocknet ist. Das Bodensubstrat ist regelmäßig von maulwurfartigen Gängen durchzogen und wird von den Eidechsen als Fluchtversteck, zur Verbringung der Nacht und auch tagsüber in den Ruhephasen genutzt.
Terrarieneinrichtung
Die Rückwand und Seitenwände sind mit Schwarzkorkplatten verkleidet. Im Terrarium sind auch Steine einsturzsicher aufgeschichtet und verbaut, so dass die grabenden Tiere nicht von den Steinen eingeklemmt werden können. Eine Wasserschale ist dauerhaft mit Wasser gefüllt. Das Verschwinden der Futtertiere signalisierte, dass sich zumindest ein Tier im Terrarium befinden muss. Auch längeres warten und regelrechtes Ausharren vor dem Terrarium brachte nicht den Erfolg, dass man beide sehen konnte. Das kleinere Tier kam nach ca. vier bis fünf Minuten aus seinem Fluchtversteck. Nach kurzem Blick in den Raum suchte es den erhitzten Stein unter der UV-Quelle auf und sofern man sich nicht bewegte blieb das Tier auch lange liegen und lies sich ausgiebig beobachten. Die Scheu nahm binnen zwei Monaten fast komplett ab und man konnte immer näher kommen und auch mit der Pinzette füttern.
Das große, dominante Männchen war dennoch nicht zu sehen. Also blieb nichts anderes übrig, als der Sache gründlich auf die Spur zu gehen. Frei nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung, sprang er förmlich beim Freilegen aus seinem Versteck und floh Richtung offener Terrarienfrontscheibe. Im letzten Moment konnte durch zurückstoßen ein Entkommen verhindert werden. Er war zu diesem Zeitpunkt wohlgenährt und der Durchführung der bevorstehenden Winterruhe stand nichts im Wege.
Winterruhe im Terrarium
Wir stellten die Fütterung ein und die Beleuchtungsdauer der Solar Raptor wurde von Anfangs elf Stunden wöchentlich um eine Stunde reduziert. Beim Erreichen einer 6- stündigen Beleuchtungsdauer haben wir die UV-Quelle und somit auch die einzige spürbare Wärmequelle komplett abgeschaltet. Nach dem Aufstöbern aus dem Versteck konnte man nun immer wieder beide im Terrarium sehen. Auch bei komplett abgeschalteter Beleuchtung und damit verbundener Temperaturabsenkung konnte man beide sehen. Die Energiesparlampen blieben durchgehend für zehn Stunden eingeschaltet. Dies entspricht dem Zeitraum der natürlichen Sonnenstunden auf Teneriffa im Winter. Aufgrund der fehlenden hohen Temperaturen waren die Bewegungsabläufe deutlich langsamer. Die Tiere blieben während der Ruhezeit im Terrarium. Die Temperaturen befanden sich dabei zwischen 12 und 18 Grad. Tiere aus den Höhenregionen des Teide unterliegen durchaus Temperaturen die eine Überwinterung im Kühlschrank überleben könnten (Kober 2005).
Der Frühling wird eingeläutet
Acht Wochen nach dem Abschalten wurde zuerst für 8 Stunden die Solar Raptor zugeschaltet. Wiederum wurde wöchentlich um eine Stunde verlängert. Nun waren beide regelrecht sonnenhungrig und regelmäßig gleichzeitig zu sehen. Aber nie in unmittelbarer Nähe. Beide Kanareneidechsen absolvierten die Frühjahrshäutung ohne Probleme. Wie schon vor der Winterruhe verschwanden beide wenn man den Raum betrat und zuerst kam das kleinere Tier an das Tageslicht und kurze Zeit später folgte das Männchen. Kritischen Kommentaren aus sozialen Netzwerken galt es auf den Grund zu gehen. Die Behauptung, dass es sich um zwei Männchen handeln würde, stand im Raum. Kann nicht sein- wir haben ein Pärchen erworben. Zwei Männchen würden sich zerfleischen, das kann man überall nachlesen. Die Art macht nicht einmal vor potentiellen Partnern halt, verstümmelt und erlegt diese (Kober 2005).
Ein Paar oder zwei Männchen?
Die beiden vertsanden sich prächtig. Keinerlei Rangeleien, Beißereien oder ein deutlich erkennbares Verhalten, welches auf eine Unterdrückung hinweist. Beide Tiere sind wohlgenährt, fressen und sind aktiv. Eines Tages betrat Andreas den Raum, beide verschwanden und der kleine kam aus seinem Versteck. Was war da zu sehen? Eine stahlblaue Kehle -wow! Wie kann das sein? Auch blaue Punkte und die deutliche gelbe Querbänderung auf dem Rücken war extrem ausgeprägt. Aber nicht lange- dem Tier fiel förmlich die Farbe aus dem Gesicht. Binnen Sekunden war die Kehle blass, die blauen Ozellen fast vollständig verschwunden. Das große Männchen kam aus seinem Versteck. Er war wie immer kräftig gefärbt.
Die beiden konnte man nun auch immer wieder gemeinsam unter der UV-Quelle antreffen. Mal lag der kleine auf dem Großen, mal war das umgekehrt. Aber die im Raum stehenden Behauptungen, dass es sich um zwei Männchen handelt waren nun endgültig bestätigt. Nun galt es diesem Problem entgegen zu wirken. Keiner wusste wie lange das gutgehen würde. Erst hinterher haben wir einen Artikel über ein kryptisches Männchen gelesen, in welchem genau dieses Verhalten auch festgehalten wurde (Zill 2011).
Gallotia galloti eisentrauti – In der Natur
Im Habitat leben meist mehrere Männchen auf engstem Raum. Ein dominantes Männchen duldet mehrere Männchen, welche nicht die typische Zeichnung und die ausgeprägte Masse vorweisen in seiner Nähe. Es wird vermutet, dass in der Natur nach dem Tod des dominanten Männchens ein bisher unterlegenes diese Rolle einnimmt. Unser dominantes Männchen ist länger, deutlich kräftiger gebaut, als zwei bei uns gehaltene unterlegene Männchen. Das unterlegene Männchen, welches zuerst mit dem dominanten Männchen zusammenlebte konnte bis heute nicht an die Größe des dominanten aufholen. Auch die Körperfülle und den wesentlich breiteren Kopf können wir nach nun fast acht Jahren nicht feststellen. Hier bleibt es also weiterhin spannend, diese Entwicklung weiter zu beobachten.
Ein Weibchen wird gesucht
Nun begann die Suche nach zwei Weibchen. Uns wurde prophezeit, dass wir mindestens fünf benötigen würden, um ein funktionierendes Pärchen zusammenstellen zu können. Die Männchen wären unberechenbar und würden meist die Weibchen früher oder später totbeißen. Nach zwei Monaten konnten wir endlich ein fünfjähriges Weibchen erwerben. Es galt Analyse zu betreiben, warum die Männchen die Weibchen meist in den ersten Wochen nach der Vergesellschaftung erlegen. Die uns am plausibelste Lösung war das Eindringen in ein bestehendes Revier.
Tapetenwechsel
Daraufhin haben wir uns entschieden dem neuen Paar ein für beide neues Terrarium einzurichten. 160x60x70 cm haben wir den beiden zur Verfügung gestellt. Eine identische Beleuchtung und ähnliche Einrichtung wurde verbaut. Wir entschieden uns dafür, das kleinere Männchen zu vergesellschaften, da hier die Aussicht auf Erfolg am größten war. Ein fast zahmes Männchen mit deutlich kleinerem Körper und Entwicklungspotenzial was den Körperbau anbelangt schien vernünftig. Dennoch ist der Größenunterschied zu einem nun tatsächlichem Weibchen enorm und nun muss man schon zugeben, dass die Verwechslung nur mit absolutem Unwissen zu entschuldigen ist. Beide Tiere wurden binnen weniger Minuten in das neue Heim eingesetzt. Die beiden haben sich gegenseitig verfolgt. Das Terrarium stand in dem Büro unserer Werbeagentur und dadurch war die Möglichkeit des Beobachtens über den gesamten Tagesverlauf zu realisieren.
Haltung im Garten
Inzwischen halten wir die Kanareneidechsen in den frostfreien Monaten in Außenanlagen in unserem Garten im Nordschwarzwald. Natürliches Sonnenlicht ist einfach in der Haltung unschlagbar. Allerdings warten wir mit dem Raussetzen bis nach der Eiablage, da ein Finden der Eier in den Außenalagen nahezu unmöglich ist.
Wenn man interessant gefärbte Eidechsen halten möchte und vor allem zu Beginn der Haltung damit leben kann, die Tiere nicht immer sehen zu können, sind die Pracht-Kanareneidechsen sehr schöne Pfleglinge. Umso mehr Action in dem Raum des Terrariums herrscht, desto schneller gewöhnen sich die Eidechsen an die Umgebung und lassen sich sehr schön beobachten. Die Kanareneidechsen sind auch immer wieder nachts zu hören wie sie im Terrarium aktiv auf Futtersuche sind. Dies ist uns nur von den Kanareneidechsen bekannt und bei keiner anderen Eidechsenart in unserem Bestand konnten wir dies bis heute beobachten. Auch die leisen Piepslaute sind hin und wieder, vor allem während der Paarungszeit zu vernehmen.
Gallotia galloti eisentrauti – Eidechsen die man besitzt, aber leider selten sieht
Ein Ablegen der Scheu wie es die frechen Eidechsen in der Natur zeigen, kann aber auch nach jahrelanger Haltung von uns nicht festgestellt werden. Im Außengehege sind die Echsen weniger scheu, aber auch dort ist es nicht ansatzweise mit den Erlebnissen auf der Heimatinsel Teneriffa vergleichbar.
Hier geht es zu unserem Blog. Unsere Zuchterfahrungen der Art könnt ihr hier nachlesen
Wer viel mehr über diese Art und auch andere Kanareneidechsen erfahren will, dem empfehlen wir unser Buch über die Kanareneidechsen
Auf unserer Homepage erfahrt ihr mehr über uns.
Über die einheimischen Eidechsen berichten wir umfassend in unserem Buch: Eingeborene und Reingeschmeckte
Über die Reptilien entlang des Jakobsweges dreht sich alle in unserem neuesten Werk: Die Reptilien entlang des Jakobsweges
Bischoff, W. (1971) – Lacerta g. Galloti Dumeril& Bibron 1839, die Eidechse von Teneriffa. – Aquarien Terrarien, Leipzig, 18(9): 308-311
Bischoff, W. (1974) – Beobachtungen bei der Pflege von Lacerta simonyi stehlini. – Salamandra, Frankfurt/Main, 10 (3/4): 93-103.
Bischoff W. (1985): Die Herpetofauna der Kanarischen Inseln. IV. Die Atlantische Eidechse, Gallotia atlantica (Prrnns & Donrl, r88z). – Herpetofauna, Weinstadt,7(37): 15-24.
Bischoff, W. (1998): Die Reptilien der Kanarischen Inseln, der Selvagens-Inseln und des Madeira Archipels. – Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 449 S.
Kober, I. (2005) – Die Kanareneidechsen, Gallotia galloti (Oudart, 1839), Draco Nr. 21, Jg. 6, S. 48-59
Zill M. (2011) – Über ein kryptisches Männchen von Gallotia galloti eisentrauti im Terrarium, Die Eidechse, Hamburg/Magdeburg Jg. 22, H.2, S. 57-59
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